HIV-Behandlung bei Kindern und Jugendlichen verbessern

18.07.2024

Weltweit leben etwa 2,6 Millionen Kinder und Jugendliche mit HIV, die grosse Mehrheit von ihnen in Afrika südlich der Sahara. Bei ihnen versagen Therapien deutlich häufiger als bei Erwachsenen. Fachleute gingen lange davon aus, dass Tests auf Resistenzen des Virus die Behandlung bei Therapieversagen verbessern könnte. Ein Forschungsteam unter Leitung der Universität Basel in Zusammenarbeit mit dem Swiss TPH und weiteren Partnern zeigt jedoch, dass es viel wichtiger wäre, die regelmässige Einnahme der Medikamente zu unterstützen. Die Ergebnisse wurden heute in der Fachzeitschrift The Lancet Global Health veröffentlicht.

Blutproben von Patienten für Viruslast- und HIV-Resistenztests. (Foto: Christian Heuss, SolidarMed)

Der Kampf gegen HIV hat in den letzten Jahrzehnten grosse Fortschritte gemacht. Antiretrovirale Medikamente halten das Virus im Zaum und verhindern, dass es sich im Körper weiter vermehrt und auf andere Menschen übertragen werden kann. Es gibt jedoch Varianten des Virus, die resistent gegen die Medikamente geworden sind. In Ländern mit hohem Einkommen testen Ärztinnen und Ärzte das Virus daher auf Resistenzmutationen, wenn eine antiretrovirale Therapie nicht anschlägt.

In ressourcenschwachen Regionen sind solche Tests auf Virusmutationen allerdings nicht so einfach verfügbar. Wirkt die Therapie nicht wie erhofft, können die behandelnden Ärztinnen und Ärzte nur Vermutungen anstellen und auf dieser Basis über weitere Therapieschritte entscheiden. Um eine mögliche Resistenz des Virus zu umgehen, sollte die Behandlung auf andere Medikamente umgestellt werden. Liegt jedoch die Ursache für das Therapieversagen darin, dass die Medikamente nicht wie vorgesehen täglich eingenommen wurden, sollten die Medikamente nicht ausgewechselt werden.

Angesichts begrenzter finanzieller Mittel für HIV-Programme in verschiedenen Ländern in Afrika südlich der Sahara diskutieren Fachleute, ob sich die Behandlungserfolge insbesondere bei Kindern und Jugendlichen durch mehr Resistenztests verbessern liessen.

Forschende um Niklaus Labhardt von der Universität Basel und dem Universitätsspital Basel haben deshalb mit dem Swiss TPH und verschiedenen internationalen Partnern untersucht, ob diese kosten- und arbeitsintensiven Tests tatsächlich ein wirksamer Hebel für ein besseres HIV-Management sind. Die Ergebnisse ihrer Studie mit dem Titel «GIVE MOVE» erschienen heute in der Fachzeitschrift The Lancet Global Health.

Resistenztests alleine bringen wenig

Die Studie fand in zehn klinischen Zentren in Lesotho und Tansania statt und erfasste Daten von 284 Teilnehmenden im Alter von 6 Monaten bis 19 Jahren. Die Kinder und Jugendliche erhielten alle eine antiretrovirale Therapie, zeigten jedoch trotzdem eine hohe Konzentration des HI-Virus in Blutproben.

Die Forschenden teilten sie nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen ein: Bei der einen führte das Fachpersonal Tests auf Resistenzmutationen am Virus durch. Die zweite Gruppe erhielt die übliche Versorgung mit wiederholten Viruslast-Tests und empirischer Behandlung.

Das Ergebnis: Die genetischen Tests auf Resistenzen verbesserten die Behandlung nicht wesentlich. 36 Wochen nach dem Startpunkt der Studie gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen in Sachen Viruslast. «Das widerspricht der Annahme, dass eine auf Resistenztests gestützte Behandlung im grossen Rahmen zu besseren klinischen und virologischen Ergebnissen führen würde», fasst Jennifer Brown zusammen, Erstautorin der Studie.

Swiss TPH war für  Datenmanagement und Statistik der Studie sowie für die Überwachung in Lesotho verantwortlich. "Das Swiss TPH setzt sich seit langem für die Verbesserung der gesundheitlichen Situation von Menschen mit HIV ein", sagt Moniek Bresser, Senior Data Manager am Swiss TPH. Wir sind stolz und dankbar, dass wir bei einem so wichtigen Thema wie der Arzneimittelresistenz eng mit unseren lokalen und internationalen Partnern zusammenarbeiten konnten."

Therapietreue ist entscheidend

Der Hauptgrund für die unverändert hohe Viruslast trotz antiretroviraler Medikamente scheine eher darin zu liegen, dass der Wirkstoff nicht wie vorgesehen täglich eingenommen werde, so Labhardt. «Eine Verbesserung der Therapietreue wäre wirkungsvoller als eine breite Einführung der Resistenztests. Dieses Resultat ist daher so wichtig, da es uns hilft zu priorisieren, wo wir die begrenzten Mittel für HIV-Programme einsetzen möchten.»

So hoffen die Forschenden, dass künftig mehr Ressourcen in Programme fliessen, die die spezifischen Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen berücksichtigen und somit die Therapietreue verbessern. Gleichzeitig sei es wichtig herauszufinden, welche Kinder und Jugendliche das grösste Risiko für Virusresistenzen haben, damit die relativ teuren Resistenztests gezielt da eingesetzt werden können, wo sie am wahrscheinlichsten nützen.

Neben der Universität Basel, des Universitätsspitals Basel und des Swiss TPH waren SolidarMed, das Baylor College of Medicine Children's Foundation, das Seboche Mission Hospital in Lesotho, das Ifakara Health Institute und dieOrganisation Management and Development for Health in Tansania beteiligt. Finanziert wurde die Studie durch die Fondation Botnar, den Schweizerischen Nationalfonds und die Gottfried und Julia Bangerter-Rhyner-Stiftung.

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