Am Wochenende erwarten wir die erste Hitzewelle des Sommers in der Schweiz. Die heissen Tage sind nicht nur unangenehm, sondern führen auch zu einer erhöhten Sterblichkeit, vor allem unter der älteren Bevölkerung. Der Hitzesommer 2015 forderte in der Schweiz beispielsweise rund 800 zusätzliche Todesfälle. Dabei spielen vor allem Herz-Kreislauf-Erkrankungen eine grosse Rolle. Und – wie eine Studie aufzeigt – wohl auch die Einnahme von gewissen Medikamenten: solche, die den Blutdruck senken oder harntreibend wirken. Die Dosierung dieser Medikamente sollte an heissen Tagen daher in Absprache mit der betreuenden Ärztin oder dem betreuenden Arzt je nachdem angepasst werden.
Die Daten der im September 2021 publizierten Studie im Swiss Medical Weekly sind auf den ersten Blick überraschend. Obwohl die Sterblichkeit durch Herzkreislauf-Erkrankungen an heissen Tagen steigt, werden weniger Menschen notfallmässig aufgrund solcher Beschwerden ins Spital aufgenommen. Besonders ausgeprägt ist der Effekt bei Bluthochdruck und Herzinsuffizienz. Wie ist dies zu erklären?
Eine Herzinsuffizienz entsteht meistens dadurch, dass Menschen zu viel Wasser im Körper haben. Wenn es heiss ist und die Menschen Körperwasser verlieren, kommen deshalb auch weniger Menschen mit akuter Herzschwäche ins Spital. In Flüssigkeitsmangel im Körper führt jedoch zu Müdigkeit, Schwindel, Kopfschmerzen, hohem Puls, Ohnmachtsanfällen oder sogar Niereninsuffizienz. Wird dann nicht gehandelt (Körper gekühlt, Flüssigkeitsverlust ersetzt) kann es zu einem Hitzschlag kommen: der Blutdruck sinkt weiter, der Puls und die Körpertemperatur steigt.
Medikamente, die den Blutdruck senken oder den Harn treiben, verschlimmern in dem Moment die Situation zusätzlich und können so im schlimmsten Fall also sogar zum Tod führen. Da in diesen Fällen die Todesursache nur schwer erkennbar ist, ist es gut möglich, dass die Ärztin oder der Arzt aufgrund der Vorerkrankungen eine Herzkreislauf-Erkrankung als Todesursache notiert. Dies würde erklären, warum die Todesfälle für Herzkreislauf-Erkrankungen während Hitzetagen zunehmen, während die Notfallaufnahmen für akuten Bluthochdruck und akute Herzschwäche sinken.
Was sollten Menschen also tun, die regelmässig blutdrucksenkende oder harntreibende Medikamente einnehmen? Es ist nicht ratsam, Medikamente während einer Hitzewelle einfach abzusetzen. Allerdings sollte ein Gespräch mit der Hausärztin/dem Hausarzt stattfinden, um allenfalls die Dosierung anzupassen. Treten bei einer Patientin oder einem Patienten mit blutdrucksenkender oder harntreibenden Medikamenten an heissen Tagen Anzeichen einer Hitzeerschöpfung auf, sollte rasch die Ärztin/ der Arzt aufgesucht werden. Symptome können folgende beinhalten: Müdigkeit, Schwindel, Kopfschmerzen, hoher Puls, Ohnmachtsanfälle, erhöhte Körpertemperatur und/oder geringe Urinproduktion.
Ausserdem ist es – unabhängig von der Medikamenteneinnahme – wichtig, an heissen Tagen die drei folgenden goldenen Regeln des Bundesamts für Gesundheit zu befolgen:
1. Körperliche Anstrengungen vermeiden
2. Hitze fernhalten – Körper kühlen
3. Viel trinken – leicht essen
Es empfiehlt sich auch, bei Hitze gut nach älteren oder vorerkrankten Angehörigen zu schauen.
Klimaerwärmung und Gesundheit
Unterdessen ist die Faktenlage klar: rund ein Drittel der Todesfälle, die durch Hitze verursacht wurden können auf den Klimawandel zurückgeführt werden [1]. In der Schweiz hat sich das Klima seit dem 19. Jahrhundert um rund 2°C erwärmt. Aufgrund ihrer geographischen Lage (kontinentale Lage, relative Nähe zu den sich stark erwärmenden Polarregionen) sowie möglichen Rückkopplungseffekten (beispielsweise im Zusammenhang mit der Abnahme der alpinen Schneebedeckung) ist die Schweiz besonders von der Klimaerwärmung betroffen.
Die Schweizer Klimaszenarien gehen davon aus, dass bis Mitte dieses Jahrhunderts die Jahresmitteltemperatur in der Schweiz um weitere 2 bis 3°C ansteigt, falls keine umfassenden globalen Klimaschutzmassnahmen ergriffen werden.
Die Klimaerwärmung hat sowohl direkte wie auch indirekte Auswirkungen auf unsere Gesundheit: die hohen Temperaturen belasten unseren Körper und können – wie oben beschrieben – bestehende Erkrankungen verschlimmern, zu Erschöpfung und Hitzeschlag führen. Die Hitze kann auch das Risiko für Infektionen und Wundheilungsstörungen erhöhen.
Aber auch indirekt beeinflusst der Klimawandel unsere Gesundheit. Die Ökosysteme verändern sich, so wurde die Pollensaison in den letzten Jahren in der Schweiz beispielsweise länger und intensiver und führen so zu einer grösseren Belastung für Allergiker*innen. Mit der fortschreitenden Erwärmung und den wärmeren Winter finden vielerorts Krankheitsüberträger wie Mücken oder Zecken bessere Bedingungen für eine Ausbreitung. In der Schweiz breiten sich beispielsweise Zecken in höhere Lagen aus. In den letzten Jahren hat die Anzahl Fälle von der durch Zecken übertragene Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) zugenommen.